13. Januar 2021

Luitpoldstrasse – der Ballermann von Friesenheim

Joachim Wabbels

Am Mittwoch den 8.7.2015 führte Ortsvorsteher Günter Henkel wieder durch seinen Ludwigshafener  Stadtteil Friesenheim.

Treffpunkt war der Kerweplatz am Kaffeestand vor dem Gemeindehaus. Günter Henkel knüpfte an die vorige Führung an und heute ging es durch die Luitpoldstrasse, die in der Vergangenheit stark von der Gastronomie geprägt war, so dass ein Teilnehmer nach der Führung meinte: „Das war der Ballermann von Friesenheim“.

Zunächst gab es ein paar Zahlen zu Friesenheim. 1720 hatte die Gemeinde 250 Einwohner, 1785 schon 500. 1800 570, 1835 1.200, 1870 2000 Einwohner. 1900 waren es 7.500 , 1920 14.000 und dann ging es wegen dem 2. Weltkrieg auf 6.400 Einwohner zurück und heute haben wir 18.000 Einwohner.  1945 waren über  50 % der Häuser zerstört.

Gegenüber dem Kerweplatz – der eigentlich nach einem früheren Ortsvorsteher Otto-Buckel-Platz heißt – steht die ca 1902 gebaute Pauluskirche. 1921 bei der großen Explosion der BASF wurde auch die Pauluskirche beschädigt und 1944 fast zerstört. Sie wurde wieder aufgebaut und bekam 1954 neue Glocken, da die alten im Krieg  abgegeben werden mussten.

Früher fuhr die Strassenbahn durch die Luitpoldstraße und die Sitzgruppe auf dem Kerweplatz neben dem Hochbunker erinnert an einen Kiosk und eine Strassenbahnhaltestelle.

Das Haus Nr. 45 neben der Pauluskirche war ab ca 1857 die Gaststätte Zum Eichbaum und dann später als Griechenzentrum genutzt und hatte auch einen großen Saal.

Weiter ging es zu Haus Nr. 51. Hier war eine Metzgerei und einige Straßenbahnfahrer quälte wohl so der Hunger, dass sie etwas zu ungeduldig an der Kurbel waren, so dass einige Straßenbahnen hier aus den Gleisen sprangen.

Ab ca 1930 wurde es nicht mehr so gut besucht und ist heute seit 60 Jahren in Familienbesitz und beherbergt seit vielen Jahren die Ferkelbräterei. Hier kann man sich für Feiern z.B. den sehr zu empfehlenden Krustenbraten fertig in der Thermobox bestellen und abholen. 

Die Nr. 62 war das alte Pfarrhaus St. Gallus und lange Zeit war der Pfarrer der größte Steuerzahler von Friesenheim, da die Franzosen eine Fenstersteuer eingeführt hatten und das Pfarrhaus hatte die meisten Fenster.

Das nächste interessante Haus hat seine Hausnummer verloren, da der Eingang zugemauert ist.  Früher war es Polizeistation, da Friesenheim bis 1892 eigenständige Gemeinde war.

Das Haus Nr. 74 war die Gaststätte Zur Pfalz, die oft im Polizeibericht erwähnt ist wegen allzu lockerer Handhabung der Sperrstunde. Ungünstig war auch die Nähe zur Polizeistation.

Das St. Gallusheim war ab 1914 Soldatenheim und wurde ab 1920 wieder kirchlich genutzt, ab 1921 war der große Saal fertig.  Der Spitzname des St. Gallusheims war „katholischer Bahnhof“.

Hier stand 1957 der erste Fernseher in Friesenheim.

Heute ist das St. Gallusheim einer der Zentren der Geselligkeit der Katholiken im Stadtteil, insbesondere die Leberknödel mit Sauerkraut nach der Fronleichnamsprozession und Gottesdienst sind Tradition.

Das Haus Nr. 78 ist die Gaststätte Zum Luitpold. Insgesamt 40 verschiedene Wirte haben hier gewirkt und der Gaststätte verschiedene Namen gegeben. Der Name „Pur“ erzeugte einen Rechtsstreit mit einer gleichnamigen Band.  Auch die Rockergruppe Bandidos hatten hier ihren Treffpunkt in den 1990er Jahren.  Diese Gaststätte hatte lange einen zweifelhaften Ruf.

Die Seitenstrasse Im Gässchen ist die einzige Straße in Ludwigshafen ohne Hausnummern, da hier keine Hauseingänge sind.

Das Haus Nr. 90 war das Gasthaus Zur Linde und ist heute Pension und Gästehaus mit preiswerten Zimmern ab 25 EUR. Hier war die Unterbringung von Asylbewerbern geplant, aber davon sah die Stadt aber doch ab, da die Kosten zu hoch wurden.

Haus Nr. 104 war die Gaststätte Zum Weinberg von 1879 mit großem Saal und in der Hausnummer 122 die Gastwirtschaft Zur Schönen Aussicht.  In der 104 ist heute eine koreanische Missionsgesellschaft untergebracht, das Haus steht aktuell zum Verkauf.

So wie das Haus gegenüber muss man sich die ursprüngliche Bebauung von Friesenheim vorstellen. 

In der Baulücke neben Hausnummer 101 stand das Turnerheim und danach die Jahnhalle mit über 2000 Plätzen, aber diese wurde 1943 komplett zerstört und nicht wieder aufgebaut.  

Die Hausnummer 103 war das Restaurant Schreiner.

Auf der großen Freifläche an der Einmündung der Weiherstraße wurde 1885 ein Schlachthof gebaut, aber 1905 wieder abgerissen. Günter Henkel führte das als Beispiel dafür an, dass man früher Bebauungsfragen liberaler handhabte als heute.

Das dahinterliegende Hotel Weiherhof gehört eigentlich zur Weiherstraße und war in den 80er Jahren als gutes Restaurant bekannt, wurde dann Pfannkuchenhaus und danach begann eine Zeit mit zweifelhaften Ruf und wechselnder Nutzung. Jetzt ist hier eine Pizzeria. Günter Henkel freut sich, dass hier wieder eine empfehlenswerte Gastronomie eingezogen ist.

In der Luitpoldstraße spielte sich das gesellschaftliche Leben in Friesenheim ab in den vielen Gaststätten, Sälen und Vereinen.

Der Ortsvorsteher Günter Henkel erzählte sehr kompetent mit guter Vorbereitung die Historie gewürzt mit  Anekdötchen und auch die nächste Führung wird wieder durch eine interessante Straße gehen. .